18.09.2025

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5 Min Lesezeit

Wichtige Zusammenfassung

  • EEPDs gehen über CO₂ hinaus. Während das Treibhauspotenzial (Global Warming Potential, GWP) die meiste Aufmerksamkeit erhält, erfordert echte Nachhaltigkeit die Berücksichtigung weiterer Wirkungskategorien wie Wasserverbrauch, Luftverschmutzung und Ressourcenabbau.
  • Hotspots variieren über die Lebenszyklusphasen. Rohstoffgewinnung und Produktion dominieren oft, aber auch Transport, Installation, Nutzung und End-of-Life können je nach Produkt wesentliche Beiträge liefern.
  • Die Analyse des gesamten Fußabdrucks ermöglicht es Herstellern, Planenden und Ausführenden, die größten Auswirkungen zu reduzieren - nicht nur CO₂.

Wie man eine EPD liest und Einflussbereiche jenseits von CO₂ erkennt

Umweltproduktdeklarationen (EPDs) sind zentrale Werkzeuge, um den Umweltfußabdruck von Bauprodukten zu verstehen. Die meisten konzentrieren sich auf den CO₂-Fußabdruck, typischerweise als Global Warming Potential (GWP) gemessen - doch das ist nur eine von vielen Wirkungskategorien in einer EPD. Für wirklich nachhaltiges Design und informierte Materialentscheidungen müssen alle Kategorien betrachtet werden, denn Schwachstellen können auch bei Wasserverbrauch, Luftverschmutzung oder Ressourcenabbau auftreten.

Denken Sie an eine EPD wie an eine Übersicht des Umweltfußabdrucks Ihres Produkts. Sie zeigt, wie sich die Auswirkungen über Phasen wie Herstellung, Transport, Nutzung und End-of-Life verteilen. Aber wie in der Finanzwelt ist nicht jeder „Posten“ gleich: Manche Materialien oder Prozesse beeinflussen die Auswirkungen überproportional. Diese Hotspots werden sichtbar, wenn Sie die EPD-Daten im Detail analysieren - und sie liegen nicht immer dort, wo man sie erwartet. Plattformen wie Emidat machen diese Auswirkungen sichtbar, indem sie die Wirkungen über alle Lebenszyklusphasen visualisieren.

Dieser Leitfaden bietet eine praktische Perspektive darauf, wie man eine EPD liest - über CO₂ hinaus -, um verborgene Umweltwirkungen über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts zu erkennen.

Warum ist es wichtig, über CO₂ hinauszublicken?

Wer nur auf CO₂ schaut, übersieht wichtige Erkenntnisse. Ein Produkt mit niedrigem GWP kann Wasserressourcen oder Luftqualität dennoch negativ beeinflussen. Um fundierte Entscheidungen zu treffen, muss man beim Lesen von EPDs über das GWP hinausblicken. EPDs liefern eine Komplettansicht auf die Umweltauswirkungen eines Produkts.

Welche sind die wichtigsten Wirkungskategorien jenseits von CO₂?

Diese Indikatoren sind die „Ausgabenkategorien“ Ihrer Analyse- jede erzählt einen Teil der Geschichte.

  • Acidification Potential (AP): Verursacht sauren Regen und Bodendegradation (mol H⁺-Äqu.). Umfasst Emissionen wie SO₂ und NOₓ.
  • Photochemical Ozone Creation Potential (POCP): Beitrag zu Smog und städtischer Luftverschmutzung (kg NMVOC-Äqu.).
  • Ozone Depletion Potential (ODP): Schädigung der Ozonschicht (kg CFC-11-Äqu.).
  • Abiotic Depletion Potential – Fossil (ADPF): Nutzung fossiler Ressourcen (MJ).
  • Abiotic Depletion Potential – Elements (ADPE): Abbau nicht erneuerbarer Mineralien (kg Sb-Äqu.).
  • Wasserverbrauch (z. B. Water Deprivation Potential, WDP): Auswirkungen auf Süßwasserverfügbarkeit und Ökosysteme (entzogene m³).


Fazit: Ein niedriger CO₂ Wert bedeutet nicht automatisch eine niedrige Gesamtwirkung. Ein Produkt kann beim GWP gut abschneiden, aber dennoch erhebliche Effekte bei Versauerung, Wasserknappheit oder anderen Umweltbelastungen verursachen.

Was ein niedriger GWP nicht zeigt

So sieht das in der Praxis aus: Dieses Radar-Diagramm zeigt den Umweltfußabdruck eines vorgefertigten Betonelements. Trotz moderatem CO₂-Fußabdruck (94,20 kg CO₂e/m²) zeigt das Produkt deutliche Wirkungen bei Wasserentzug, Versauerung und fossilem Ressourcenverbrauch.

Die Grafik verdeutlicht, warum es wichtig ist, alle Wirkungskategorien zu analysieren - nicht nur CO₂. Ein Produkt, das in einer Kategorie nachhaltig erscheint, kann an anderer Stelle das System belasten.

Nachhaltiges Produktdesign erfordert die Bewertung des gesamten Lebenszyklus - von A1-A3 (Rohstoffgewinnung und Produktion) bis zum Lebensende, um ein vollständiges Bild zu gewinnen.

Analyse kritischer Umweltpunkte nach Lebenszyklusphase

In einer Umweltproduktdeklaration (EPD) werden Wirkungen nach Lebenszyklusphasen von der Rohstoffgewinnung bis zum Lebensende aufgeschlüsselt.

Dieser Leitfaden deckt typische Hotspots über den gesamten Lebenszyklus ab:

  • Rohstoffe (A1)
  • Transport (A2 & A4)
  • Produktion (A3)
  • Montage/Installation (A5)
  • Nutzungsphase (B1–B7)
  • End-of-Life (C1–C4)

In der Emidat-Plattform werden die Wirkungen des vorgefertigten Betonelements über den gesamten Lebenszyklus visualisiert – von Rohstoffgewinnung und Produktion (A1–A3) über Transport und Bau (A4–A5), Nutzung (B) und End-of-Life (C1–C4) bis darüber hinaus (D).

Während eine Standard-EPD oft bei Summen stoppt, liefert Emidat eine phasenweise Aufschlüsselung und zeigt, wo die Wirkungen tatsächlich entstehen. Bei Fertigbeton – wie bei vielen zementbasierten Baustoffen – konzentriert sich der Großteil des Fußabdrucks in den Produktionsphasen (A1–A3), insbesondere durch Rohstoffe und Prozessenergie. Bau- und Nutzungsphasen (A4–B) tragen relativ wenig bei, während End-of-Life und Verwertungsgutschriften (D) die Gesamtbilanz verschieben können.

Diese Aufschlüsselung zeigt: Hersteller beeinflussen primär Material- und Produktionsphasen, aber Architekt:innen und Ingenieur:innen können den Einfluss über alle Phasen erweitern – durch Entscheidungen zu Materialbeschaffung, entwurfsbedingter Effizienz und End-of-Life-Strategien. In den folgenden Abschnitten betrachten wir diese Hotspots genauer und zeigen Hebel zur Reduktion über den gesamten Lebenszyklus.

Rohstoffphase (A1): oft die größte Quelle der Wirkung

Treiber und Beispiele

  • Kohlenstoffintensive Inputs wie Zementklinker, Primärstahl, Polymere und Schäume.
    • Beispiel: Portlandzement (OPC)
  • Erzeugt ~803 kg CO₂/t aufgrund hohen Klinkeranteils und fossiler Brennstoffe während der Kalzinierung.
    • Beispiel: Walzstahl (Bewehrungsstahl) aus Primärroute
  • Emittiert ~850 kg CO₂/t, vor allem durch den energieintensiven Hochofenprozess.
  • Ressourcenintensive Gewinnung aus Bergbau und Steinbrüchen erhöht ADP und Wasserverbrauch.
    • Beispiel: Gips
  • Trotz geringer Einsatzmengen kann der Gipsabbau das ADPE dominieren und in manchen Zement-EPDs bis zu 76 % dieses Indikators ausmachen.
  • Hohe Volumina bedeuten, dass auch Materialien mit moderaten Wirkungen stark ins Gewicht fallen können.
    • Beispiel: EPS-Dämmung
  • Emittiert ~3,9 kg CO₂/kg. Aufgrund geringer Dichte und breiter Anwendung (Wände, Dächer, Dämmschichten) kann sie bei großen Mengen zum dominanten Treiber für GWP und fossilen Ressourcenverbrauch werden.

Wie reduzieren?

  • Niedriger wirkende Alternativen einsetzen (z. B. Zement mit Zumahlstoffen/SCMs)
  • Rezyklat- oder biobasierten Anteil erhöhen
  • Mit Lean-Design den Gesamtmaterialeinsatz senken

Transport (A2 & A4): oft unterschätzt – mit Wirkung

Treiber und Beispiele:

  • Große Distanzen und schwere Lasten erhöhen Emissionen, besonders bei internationalem Transport.
    • Beispiel: Importierter Bodenbelag
  • In einer EPD trug der Transport ~15 % zum gesamten GWP bei – vor allem durch Seefracht und Straßentransporte über Regionen hinweg.
  • Geringe Dichte erfordert mehr Lkw-Ladungen pro Masseeinheit und steigert Emissionen.
    • Beispiel: EPS- oder Mineralwolldämmung
  • Voluminös, aber leicht – Lkw sind volumenbegrenzt, es braucht mehr Fahrten, die Emissionen pro Tonne steigen.
  • Dieselabgase treiben Versauerung (AP) und Smogbildung (POCP).
    • Beispiel: Fernverkehr auf der Straße
  • Bei hunderten Kilometern auf der Straße können Dieselverbrennung und Vorläuferstoffe für Ozon wesentliche Nicht-CO₂-Hotspots sein.

Wie reduzieren?

  • Lokal beschaffen
  • Ladungsplanung und Routen optimieren
  • Auf E- oder Biokraftstoff-Flotten umstellen

Produktion (A3): Energie- und Emissions-Hotspot

Treiber und Beispiele:

  • Energieintensive Prozesse wie Öfen, Schmelzen, Hochtemperaturverfahren erhöhen fossilen Energieeinsatz und Emissionen.
    • Beispiel: Zementherstellung
  • Das Erhitzen von Kalkstein auf ~1.450 °C erfordert viel Brennstoff; zusätzlich entsteht CO₂ durch Kalzinierung – Zement zählt zu den größten industriellen GWP-Treibern.
  • Fossil geprägter Energiemix erhöht GWP und trägt zur Versauerung (AP) bei.
    • Beispiel: Parkett (Engineered Wood)
  • Eine EPD zeigte, dass 17 % des Gesamt-GWP aus Strom für Sägen, Pressen, Trocknen stammten – trotz CO₂-armen Rohstoffs Holz.
  • Prozess-Emissionen entstehen, wenn Chemie im Herstellungsprozess zusätzliche Stoffe freisetzt.
    • Beispiel: Hartschaum (z. B. XPS)
  • Treibmittel wie HFKW haben hohe GWP-Werte und können Up- und Downstream-Emissionen stark erhöhen.
  • Hilfsstoffe und Abfall sind meist minor, außer bei seltenen/gefährlichen Stoffen.
    • Beispiel: Katalysatorverlust
  • Edelmetalle in Spuren können das ADPE stark beeinflussen, wenn sie verloren gehen.

Wie reduzieren?

  • Auf erneuerbare Energien umstellen
  • Energie- und Prozesseffizienz steigern
  • Hochwirksame Inputs (z. B. HFKW) ersetzen
  • Rezyklate einsetzen

Montage (A5): kleine Phase – große Hebel

Treiber und Beispiele:

  • Installationsenergie durch Werkzeuge, Krane, Generatoren kann CO₂ und Luftschadstoffe erhöhen – besonders bei großen Projekten.
    • Beispiel: Kran- und Generatorbetrieb
  • In einem Fall entfielen bis zu 10 % des kombinierten A4+A5-GWP auf Installationskraftstoff, wenn dieselbetriebene Geräte lange liefen.
  • Nebenmaterialien wie Kleber, Fugenmörtel, Beschichtungen und Bänder sind mengenmäßig klein, können aber hohe Fußabdrücke haben.
    • Beispiel: Bodenbelagskleber
  • In einer Parkett-EPD trug der Kleber allein ~9 % zum Gesamt-GWP bei – fast so viel wie der gesamte Fabrikstrom.
  • Abfall durch Verschnitt, Verpackung, Restmengen erhöht den effektiven Fußabdruck jedes kg Rohstoff – v. a. bei Deponierung/Verbrennung.
    • Beispiel: Trockenbau
  • Rund 20 % Gipskarton können als Verschnitt anfallen – die A1–A3-Wirkungen fallen für jeden verworfenen Abschnitt erneut an.
  • Vor-Ort-Emissionen (VOCs aus Lösemitteln/Klebstoffen, Staub) treiben POCP und lokale Gesundheitswirkungen.

Wie reduzieren?

  • Vorfertigung nutzen, um Abfall zu senken
  • Leitfäden für emissionsarme Montage anbieten
  • Geräteeffizienz verbessern
  • Clever verpacken und Recycling fördern

B1–B7: Wirkungen in der Nutzungsphase

Diese Phase umfasst Betriebsenergie, Instandhaltung und Ersatz.

Viele Baustoffe haben geringe B-Phasen-Wirkungen. Manche Produkte kehren das Muster um: z. B. HLK- oder Beleuchtungssysteme mit relativ geringen A-Phasen, aber hohen Betriebs­emissionen (Strom, Kältemittel). Dann dominieren B-Phasen den Fußabdruck.

Ausnahmen im Bau existieren: Vorgefertigte Betonbauteile können relevante B-Wirkungen haben – je nach Wartung, Reparatur oder thermischer Leistung über die Zeit.

Treiber und Beispiele:

  • Betriebsenergie (Licht, HLK) dominiert oft die B-Phase – besonders in Nichtwohngebäuden.
    • Beispiel: HLK-Systeme
  • Heizen/Kühlen kann >50–80 % des Lebenszyklus-GWP stellen, v. a. bei fossilbasiertem Strommix.
  • Kältemittelleckagen können höhere GWP-Effekte haben als die Betriebsenergie selbst.
    • Beispiel: Klimageräte/Wärmepumpen
  • 1 kg R-410A-Leckage ≈ ~2 t CO₂e – kann die grauen Emissionen übersteigen.
  • Wartung/Ersatz addieren langfristige Material- und Energieaufwände.
    • Beispiel: Fassadenanstrich
  • Holz- oder beschichtete Metallpaneele erfordern ggf. alle 5–10 Jahre Neuanstrich (B2).
  • Wasserverbrauch treibt WDP und Energie (Erwärmung).
    • Beispiel: Sanitärarmaturen

❗️WC, Armaturen, Duschen können einen großen Anteil an B7 verursachen.

Wie reduzieren?

  • Dauerhafte, wartungsarme Materialien wählen
  • Effiziente HLK- und Beleuchtungssysteme spezifizieren
  • Kältemittel mit niedrigem GWP und smarte Regelungen einsetzen
  • Modular für einfache Reparatur/Upgrades planen
  • Wasserspararmaturen installieren

C1–C4: Rückbau und Entsorgung

Treiber und Beispiele:

  • Rückbauenergie (C1) ist relevant bei schweren/verbundenen Bauteilen.
    • Beispiel: Schwere Betonelemente
  • Brecher, Sägen, Krane – hoher Kraftstoffbedarf, Partikel-Emissionen.
  • Abfallbehandlung (C3) kann energie- und materialintensiv sein.
    • Beispiel: Stahlrecycling
  • EAF-Schmelzen benötigt viel Strom – C3-GWP steigt, sofern kein Ökostrom.
  • Entsorgung (C4) durch Deponie/Verbrennung – besonders kritisch bei synthetischen/verbund­werkstoffen.
    • Beispiel: EPS/XPS
  • Bei Verbrennung CO₂ und ggf. VOCs; auf Deponien langlebig, Volumenbelegung/Eluat-Risiken.

Wie reduzieren?

  • Für Demontage/Wiederverwendung konstruieren
  • Recycelbare Materialien mit klaren End-of-Life-Pfaden wählen
  • Verbundstoffe/verklebte Systeme vermeiden
  • Vor-Ort sortieren, um Verwertung zu maximieren

Schlussgedanken: Denken Sie wie ein Wirkungsanalyst

Für wirklich nachhaltige Produkte reicht CO₂-Tracking nicht. Analysieren Sie das gesamte Umweltbudget. Starten Sie bei den größten Treibern und iterieren Sie über alle Kategorien. Jede Entscheidung – vom Material bis zur Logistik – sollte den Gesamteinfluss verbessern.

Ihre Nachhaltigkeitsstrategie:

  • Eliminate the worst hotspots first
  • Invest in lower-impact materials and smarter processes
  • Optimize for total environmental performance, not just carbon
  • Die größten Hotspots zuerst eliminieren
  • In Materialien mit geringerer Wirkung und intelligentere Prozesse investieren
  • Auf die Gesamt-Umweltperformance optimieren – nicht nur auf CO₂
  • Möchten Sie EPD-Daten in handfeste Maßnahmen übersetzen? Emidat hilft, Hotspots sofort zu erkennen – von CO₂ bis Wasserverbrauch und darüber hinaus.
  • Erstellen Sie Ihr erstes Radar-Diagramm gemeinsam mit uns.


Möchten Sie EPD-Daten in handfeste Maßnahmen übersetzen? Emidat hilft, Hotspots sofort zu erkennen – von CO₂ bis Wasserverbrauch und darüber hinaus.

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